Das neue Finanzstabilisierungsgesetz sorgt in vielen Zahnarztpraxen für Unmut. Der neue Gesetzentwurf sieht eine starke Einschränkung für viele konservierende und chirurgische Leistungen vor – mit dem Ziel, das finanzielle Loch der gesetzlichen Krankenkassen zu stopfen. Viele Zahnärzte sind sich unsicher, welche Auswirkungen das Gesetz auf die zahnärztlichen Versorgungen haben kann – sowohl für die Praxis als auch für die Patienten.
Was ist eine Budgetierung in der Zahnarztpraxis?
Damit die Kosten für die zahnärztlichen Versorgungen nicht ausufern, wurde in den Neunzigerjahren ein Budget für die Zahnarztpraxis eingeführt. Durch die Festlegung von finanziellen Obergrenzen stellten gesetzliche Krankenkassen sicher, dass unnötige Versorgungen nicht finanziert werden müssen, sodass die Krankenkassen hohe Ausgaben vermeiden konnten. Bis heute werden etwa 70 Prozent der zahnmedizinischen Versorgungen budgetiert. Davon betroffen sind hauptsächlich konservierende und chirurgische Leistungen, die einen Großteil des täglichen Praxisalltages ausmachen. Es sind nur wenige zahnärztliche Versorgungen, die von der Budgetierung ausgeschlossen werden. Dies ist beispielsweise bei einer Prophylaxe-Behandlung von Kindern und Jugendlichen der Fall.

Warum Zahnärzte aufgrund des Budgets oft umsonst arbeiten
Das starre Budget und die gesetzliche Finanzierungsobergrenze hat in den vergangenen Jahren bei vielen Zahnärzten für Frust gesorgt, weil sie die Leistungen oft aus eigener Tasche bezahlt haben. Grund: Viele Krankenkassen verzeichnen immer mehr ältere Patienten, die andere Ansprüche an die zahnärztliche Versorgung stellen als jüngere. Außerdem nehmen viele Patienten die Vorsorgeuntersuchungen wahr und gehen daher regelmäßig zum Zahnarzt. In Bezug auf die auferlegte Obergrenze der gesetzlichen Krankenkassen stellt der steigende Behandlungsbedarf für die zahnärztliche Versorgung ein großes Problem dar, da das Budget schnell aufgebraucht ist. Für Dich als Zahnärztin oder Zahnarzt bedeutet dies, dass Du für einen Teil der Versorgungen nicht entlohnt wirst und die Leistungen aus eigener Tasche bezahlen musst. Mit dem neuen Finanzstabilisierungsgesetz wird die Situation jedoch nicht besser.
Was bedeutet das Finanzstabilisierungsgesetz für Zahnärzte
Auch wenn viele Zahnärzte gehofft haben, dass sich die Situation mit der neuen Finanzreform der gesetzlichen Krankenversicherung verändert, scheint eher das Gegenteil der Fall zu sein. Nach langem Hin und Her hat die Bundesregierung im Oktober 2022 einen Gesetzentwurf zum Finanzstabilisierungsgesetz vorgelegt. Dieser sieht übrigens nicht nur weitere Einsparungen im Hinblick auf zahnärztliche Versorgungen, sondern auch höhere Beitragszahlungen für Versicherte vor.
Kinder und Jugendliche sind von der Individualprophylaxe immer noch ausgenommen. Hinzu kommen Versicherte, die einen Pflegegrad nach § 15 SGB 11 nachweisen können. Einsparungen gibt es vor allem bei der Vorsorge – insbesondere zur Vorbeugung von Parodontitis. Viele Zahnärzte sind sich sicher, dass die strengen Budgets in der Zahnarztpraxis langfristig die Zahngesundheit der Patienten gefährden und letztendlich deutlich mehr Kosten verschlingen, die für den Zahnersatz ausgegeben werden müssen.
Zahnärzte verfolgen jedoch stets das Ziel, die Zahngesundheit ihrer Patienten möglichst ein Leben lang zu erhalten. Mit der neuen Obergrenze für die Praxis wird dieses Vorhaben nur in einem sehr begrenzten Umfang unterstützt, was wiederum eine allgemeine Verschlechterung der Zahn- und Mundgesundheit zur Folge haben kann.
Wie sieht die Budgetierung in der Zahnarztpraxis aus?
Die Budgetierung bedeutet für Zahnarztpraxen im Klartext, dass einige zahnärztliche Leistungen nicht von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt werden, obwohl sie (medizinisch gesehen) notwendig sind. Dies betrifft vor allem parodontologische Leistungen, die in der Regel eine regelmäßige Therapie bedürfen – vor allem, wenn die Erkrankung schon weit fortgeschritten ist.
Zu den von der Budgetierung betroffenen Leistungen gehören:
- konservierende Versorgung
- chirurgische Behandlungen
- Parodontologie
- Kieferorthopädie
- Erkrankungen des Kiefergelenks
- Verletzungen des Gesichtsschädels
Je nach Punktzahl, die für die jeweiligen Leistungen vorgesehen ist, kann das Budget aufgrund der herabgesetzten Obergrenze schnell aufgebraucht sein, sodass Zahnarztpraxen für die Behandlungen keine Zuschüsse erhalten.
So kann die Obergrenze für eine konservierende Behandlung (je nach Region und Krankenkasse) schnell erreicht sein, wenn die Punktzahl allein für eine dreiflächige Zahnfüllung 49 beträgt. Kommen eine eingehende Untersuchung, eine Vitalitätsprüfung und eine Anästhesie hinzu, liegt die Behandlung mit einem Gesamtpunktwert von etwa 81 bereits über dem veranschlagten Budget von 79.
Bei einer endodontischen oder parodontologischen Behandlung kann die Gesamtpunktzahl schnell über 120 liegen. Hier muss eine Zahnarztpraxis Einsparungen an der Behandlung vornehmen, wenn sie die Leistungen nicht selbst bezahlen will. Dies geht wiederum zulasten des Patienten, was sicherlich nicht im Sinne einer Zahnärztin oder eines Zahnarztes ist.
Viele Experten empfehlen diesbezüglich, einige Leistungen bei einem Überschreiten der Budgetierung in das neue Quartal zu übertragen. Auf diese Weise laufen Zahnärzte nicht Gefahr, zu viele Leistungen aus eigener Hand zu bezahlen. Allerdings bleibt abzuwarten, ob diese Variante in Wirklichkeit nicht eine Verschiebung des Problems ist. Patienten aufgrund der angesetzten Budgetierung nicht zu behandeln, stellt laut Bundesregierung keine Alternative dar. Sie stuft dies als „rechtswidrig“ ein.
Welche Leistungen unterliegen nicht der Budgetierung?
Es gibt einige Leistungen, die nicht von der Budgetierung betroffen sind. Hierzu gehören beispielsweise:
- Prophylaxe für Menschen mit Behinderungen
- Parodontologie-Behandlungen für Menschen mit Behinderungen
- Prophylaxe für Kinder und Jugendliche
- Zahnersatz
Aufgrund der Budgetierung vieler Leistungen befürchten Experten, dass sich die Zahn- und Mundgesundheit vieler Patienten verschlechtern könnte, weil in puncto Vorsorgeuntersuchungen Einsparungen erbracht werden müssen. Dies kann insbesondere für Patienten mit Parodontitis ein großes Problem darstellen, weil sie zur Vorbeugung eines Zahnverlustes auf eine regelmäßige Behandlung angewiesen sind, die aufgrund der Obergrenze nicht gedeckt wird.

Budgetierung optimieren mit diesen Tipps
Nichtsdestotrotz gibt es für Zahnärzte einige Möglichkeiten, um bei der Behandlung im Rahmen der Budgetierung zu bleiben. Ich empfehle Dir, die Kosten vor der Behandlung genau zu kalkulieren und zu schauen, welche Leistungen tatsächlich notwendig sind und welche nicht. Sollten trotz einer Überschreitung des Budgets weitere Behandlungen notwendig sein, beispielsweise nach einem endodontischen oder parodontologischen Eingriff, können die Leistungen evtl. dem neuen Quartal zugeschrieben werden.
Außerdem kannst Du schauen, ob Deine Patienten eine Zusatzversicherung besitzen, die den Überschuss der Kosten übernimmt. Zahnzusatzversicherungen werden in den nächsten Jahren der Einsparungen ein immer wertvollerer Baustein zu Ergänzung der GKV-Leistungen im Dentalbereich. Schau Dir hierzu die neue Deutsche Gesellschaft für bezahlbare Zahnmedizin (DGBZ) an.
Fazit: Budgetierung ist ein großes Problem für Zahnarztpraxen
Bei vielen Behandlungen sitzen Zahnärzte sprichwörtlich zwischen zwei Stühlen, weil sie aufgrund der Kürzungen nicht mehr für den Patienten, sondern eher wirtschaftlich arbeiten und sich auf notwendige Behandlungen beschränken müssen. Nach dem neuen Finanzstabilisierungsgesetz ist die Extraktion eines Zahnes beispielsweise bedeutend preiswerter als eine endodontische Behandlung.
So bleibt es letztendlich Zahnärzten überlassen, ob sie lieber zahnerhaltend oder wirtschaftlich arbeiten wollen. Viele Experten befürchten, dass sich die Mund- und Zahngesundheit aufgrund der Budgetkürzungen verschlechtern könnte, was sicherlich nicht im Sinne einer Zahnarztpraxis ist.